Florian Gerlach

Seminare zum „Recht der Sozialen Arbeit“

Evangelische Hochschule Bochum

Sorgerecht bei Trennung und Scheidung

Wenn Eltern sich trennen, stellt sich die Frage, welche Auswirkung dies auf das Sorgerecht hat.

Das Gesetz unterscheidet zwei Fallgruppen:

  • Die Eltern hatten vor der Trennung gemeinsames Sorgerecht.
  • Die Eltern hatten vor der Trennung kein gemeinsames Sorgerecht.

Variante 1: Eltern hatten gemeinsames Sorgerecht

Wenn Eltern, die vor Trennung gemeinsames Sorgerecht hatten, sich trennen, ändert sich in der Regel auch nach der Trennung nichts. Denn der Gesetzgeber sieht vor, dass dass das Sorgerecht im Trennungsfall nur ausnahmsweise auf einen Elternteil allein übertragen wird.

Lies: § 1671 Abs. 1 BGB

Die erste Voraussetzung für ein solches alleiniges Sorgerecht ist, dass ein Elternteil die Alleinsorge oder die Übertragung eines Teils der Sorge beantragt. Stellt kein Elternteil einen solchen Antrag, bleiben beide Eltern sorgeberechtigt.

Stellt ein Elternteil dagegen einen Antrag auf Übertragung der Alleinsorge oder stellen beide Eltern jeweils den Antrag, man möge ihnen das Sorgerecht übertragen, entscheidet das Familiengericht.

Das Familiengericht hat dann drei Möglichkeiten zu entscheiden:

  • Es belässt alles wie es ist – es bleibt in diesem Fall bei der gemeinsamen Sorge.
  • Es überträgt das Sorgerecht komplett einem Elternteil.
  • Es überträgt einen Teil des Sorgerechts einem Elternteil. Der Rest des Sorgerechts verbleibt dann bei beiden Eltern.

Das Familiengericht überträgt das Sorgerecht oder einen Teil davon nur in den folgenden Fällen an einen Elternteil:

  • Variante 1: Die Eltern sind sich in dieser Frage einig. Das Kind ist unter 14 Jahren oder zwar mindestens 14 Jahre, macht aber von seinem ab diesem Alter bestehenden Widerspruchsrecht keinen Gebrauch.
  • Variante 2: Die Eltern sind sich nicht einig oder das mindestens 14 Jahre alte Kind widerspricht: in diesen Fällen prüft das Familiengericht, ob erstens die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und zweitens die Übertragung des Sorgerechts oder eines Teils davon gerade auf den Antragsteller dem Kindswohl am besten entspricht. Das Gericht prüft also doppelt: erst stellt es gegenüber, ob die Alleinsorge besser für das Kind ist, als die gemeinsame Sorge. Dann wird geprüft, ob es dem Kindswohl am besten entspricht, gerade dem Antragsteller das Sorgerecht zu übertragen.

Hinweis: Die Hürden für ein Alleinsorgerecht nach Trennung oder Scheidung sind hoch. In den allermeisten Fällen bleibt es beim gemeinsamen Sorgerecht nach Trennung und Scheidung (ca. 97 % der Fälle). Entscheiden die Familiengerichte zugunsten der Übertragung auf einen Elternteil, erhalten in den meisten Fällen die Mütter das Sorgerecht (Verhältnis 1 : 9).

Variante 2: Eltern hatten kein gemeinsames Sorgerecht

Wenn das Sorgerecht vor der Trennung der Mutter zustand, kann der Vater die Alleinsorge oder die Übertragung eines Teils der Sorge beantragen.

Lies: § 1671 Abs. 2 BGB

Auch in diesem Fall entscheidet das Familiengericht. Die Kriterien für die Entscheidung entsprechen den Kriterien bei vorheriger gemeinsamer Sorge.