Das Wort Schuldverhältnis meint, dass es zwischen zwei oder mehr Parteien eine Rechtsbeziehung gibt, die zu einer Schuld der einen Partei gegenüber der anderen Partei führt.
Beispiel: Kauft zum Beispiel Frau Rochlitz von der Firma „Busmanufaktur“ einen VW Multivan T3 (BJ 1989) zu einem Preis von 10.500,- Euro, so sind beide ein Schuldverhältnis eingegangen. Genauer gesagt: ein vertragliches Schuldverhältnis in Form eines Kaufvertrages. Schuldverhältnis ist also nichts anderes als eine rechtliche Beziehung oder eben ein rechtliches „Verhältnis“ zwischen Personen, die dazu führt, dass die eine Person gegenüber der anderen Person eine Verpflichtung hat.
Wenn Schuldverhältnisse ihre Grundlage in Verträgen zwischen den Parteien haben, spricht man von vertraglichen Schuldverhältnissen. Verträge kommen zustande, weil die Vertragsparteien dies wollen. Die vertraglichen Schuldverhältnisse sind im Schuldrecht (Buch zwei des BGB) geregelt. Die einzelnen Vertragstypen sind im besonderen Teil des Schuldrechts (beginnt bei § 433 BGB) geregelt.
Wichtige vertragliche Schuldverhältnisse sind:
Neben den vertraglichen Schuldverhältnissen gibt es gesetzliche Schuldverhältnisse. Bei den gesetzlichen Schuldverhältnissen schulden zwei oder mehr Personen einander deshalb etwas, weil der Gesetzgeber die Schuld durch Gesetz etabliert. Zur Erinnerung: Bei vertraglichen Schuldverhältnissen schulden zwei Parteien einander deshalb etwas, weil sie einen Vertrag miteinander geschlossen haben, weil sie es also wollen.
Beispiel: Frau Rochlitz verursacht während der Probefahrt mit dem VW Multivan einen Unfall mit Herbert Gründorf. Dessen E-Bike hat einen Totalschaden. Wertverlust: 4.000,- Euro. Herr Gründorf kann auf Grundlage des § 823 Absatz 1 BGB Schadensersatz verlangen. Der Schadensersatzanspruch ist ein gesetzliches Schuldverhältnis. Die Schuld von Frau Rochlitz gegenüber Herrn Gründorf besteht nur deshalb, weil der Gesetzgeber geregelt hat, dass derjenige, der einen anderen schädigt, grundsätzlich Schadensersatz zu leisten hat.
Wichtige gesetzliche Schuldverhältnisse sind:
Verträge beruhen auf dem Willen der Parteien. Verträge kommen zustande, wenn die Parteien zwei sich entsprechende Willenserklärungen abgeben. Diese Willenserklärungen nennt man Angebot und Annahme.
Beispiel: Die Firma „Busmanufaktur“ bietet Frau Rochlitz einen VW Multivan T3 (BJ 1989) zu einem Preis von 10.500,- Euro an. Frau Rochlitz bestätigt das Angebot per Mail und nimmt so das Verkaufsangebot an.
Das Wort „Willenserklärung“ besteht aus zwei Teilen, nämlich dem Willen und der Erklärung. Eine Willenserklärung liegt deshalb nur vor, wenn eine Partei den Willen hat, die jeweilige Erklärung abzugeben und wenn sie diesen Willen auch erklärt.
Beispiel: Frau Rochlitz erklärt die Annahme des Kaufvertrages über den Multivan per Mail.
Gibt jemand eine Willenserklärung ab, so will er damit immer etwas rechtlich Relevantes bewirken. Willenserklärungen sind also immer Rechtsakte. In der Regel ist es völlig klar, ob jemand eine rechtlich relevante Willenserklärung abgeben will oder ob es sich bei seiner Erklärung nur um eine rechtlich unbedeutende Willensäußerung handelt.
Beispiel: Frau Rochlitz stellt im Biosupermarkt ein Glas Rapunzel Erdnussmus auf das Kassenband. Damit macht Sie ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages, gibt also eine Willenserklärung ab. Wenn Frau Rochlitz dagegen am Nachmittag zu ihrem Freund sagt: „Heute ist das Wetter so schön, ich würde gerne im Freibad schwimmen gehen“, ist dies keine Willenserklärung. Zwar hat A einen Willen und hat diesen auch erklärt. Es fehlt aber der Bezug auf das Recht. Es soll nichts rechtlich Relevantes bewirkt werden.
Es gibt aber auch Zweifelsfälle:
Beispiel: Hierzu der berühmte, für juristische Ausbildungszwecke vor über hundert Jahren konstruierte Fall von der Trierer Weinversteigerung: A aus Trier besucht eine Weinversteigerung. Er sieht seinen Freund B, winkt diesem zu und erhält den Zuschlag. In diesem Fall ist juristisch umstritten, ob A eine wirksame Willenserklärung abgegeben hat, weil A ja der Wille fehlte, etwas rechtlich Relevantes zu erklären. Die Lösung des Falles ist rechtlich umstritten. Während die einen allein auf den Willen des Erklärenden abstellen (dann keine Willenserklärung), stellen andere darauf ab, wie der Empfänger der Erklärung diese verstehen musste (dann Willenserklärung).
Einmal geschlossene Verträge können in der Regel nicht wieder gelöst werden. Dies gilt auch für Willenserklärungen.
Lies: § 145 BGB
Wer also eine Willenserklärung abgibt, kann sich von dieser nicht ohne weiteres wieder lösen. Bereits Kinder bekommen deshalb beigebracht, dass es „gefährlich“ sein kann, etwas rechtlich Relevantes zu erklären. Erwidert die andere Seite die abgegebene Willenserklärung durch eine entsprechende Willenserklärung, kommt es zu einem Vertrag. Dieser ist dann für beide Seiten bindend und kann in der Regel nicht einseitig aufgelöst werden.
Beispiel: Frau Rochlitz gibt ein Angebot zum Kauf eines Kleides ab. Die Verkäuferin, Frau Rothschild nimmt dieses Angebot durch Annahmeerklärung an. Es ist ein (mündlicher) Kaufvertrag zustande gekommen, der nicht mehr einseitig gelöst werden kann. Will A das Kleid gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben, muss sie darüber mit der Verkäuferin eine Einigung erzielen, also einen neuen Vertrag über die Rückgabe schließen. Eine andere Möglichkeit ist es, dieses Recht von vornherein zu vereinbaren. Wenn also in der Praxis der „Umtausch“ von Waren allgemein üblich ist, beruht dies in der Regel auf Kulanz der Ladeninhaber. Ein Recht auf Umtausch gibt es nicht. Etwas anderes gilt bei bestimmen Verbraucherverträgen, zu,m Beispiel bei Einkäufen im Internet. Hier steht dem Käufer in der Regel ein Widerrufsrecht von 14 Tagen zu.
Lies: § 312g BGB
Wenn davon die Rede ist, dass Verträge nicht einseitig gelöst werden können, so gilt dieses nicht für solche Schuldverhältnisse, die auf Dauer angelegt sind.
Beispiel: Mietverträge, Dienstverträge (insbesondere Arbeitsverträge), Maklerverträge, etc.
Solche Verträge können durch einseitige Erklärung gekündigt werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass es bei bestimmten Dauerschuldverhältnissen, insbesondere bei Miet- und Arbeitsverträgen, Schutzbestimmungen gibt, die einseitige Kündigungen durch die eine Seite (Vermieter, Arbeitgeber) erschweren oder auch ausschließen.
Ein Vertragsschluss setzt die Einigung mindestens zweier Parteien voraus. Dazu bedarf es zweier sich entsprechender Willenserklärungen – Angebot und Annahme. Das ganze scheint trivial und ist irgendwie auch jedermann geläufig. Dass es ganz so einfach nicht ist und es im Zusammenhang mit Vertragsschlüssen zu einer Vielzahl von Problemen kommen kann, zeigt ein Blick in das Inhaltsverzeichnis des BGB, genauer das des Allgemeinen Teils des BGB. Dort sind nämlich die meisten mit Vertragsschlüssen zusammenhängenden Probleme und Fragen gelöst (vgl. §§ 104 – 181 BGB). Wichtige Fragen sind:
Beispiel: Brötchenkauf beim Bäcker. Wichtige Ausnahme: Grundstückskäufe, § 311b BGB; Ehe, § 1310 BGB
Willenserklärungen binden den Erklärenden in der Regel unwiderruflich. Die unbedachte Abgabe von Willenserklärungen kann deshalb für den Erklärenden nachhaltige Folgen haben. Die Rechtsordnung schützt deshalb Personen, die die Tragweite von Willenserklärungen nicht oder nicht richtig abschätzen können vor den Folgen solcher Erklärungen. Willenserklärungen von Kindern und Jugendlichen sind deshalb z.T. überhaupt nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam. Das Gleiche gilt für Personen, die aus anderen Gründen, wie z.B. Krankheit oder Behinderung nicht „Herr ihrer Sinne“ sind, deren freier Wille also eingeschränkt ist.
Willenserklärungen sind nur wirksam, wenn sie von Geschäftsfähigen abgegeben werden.Geschäftsunfähig ist, wer
Lies: § 104 BGB
Das siebente Lebensjahr hat man am 7. Geburtstag vollendet. Kinder die sieben Jahre alt sind, sind deshalb geschäftsfähig. Bei der zweiten Alternative geht es wesentlich um psychische und geistige Erkrankungen.
Willenserklärungen von Geschäftsunfähigen sind nichtig.
Beispiel: Der 6-jährige Jonas bekommt von seinen Eltern 1,- € für ein Eis, kauft sich dieses und isst es auf. Die Willenserklärung des Minderjährigen Jonas („Ich hätte gerne ein Eis“ – dies ist, im Eisgeschäft geäußert, eine Willenserklärung) ist nichtig, entfaltet also keine rechtliche Wirkung. Der Minderjährige kann deshalb den 1,- € gem. § 812 BGB zurückverlangen, weil für die Leistung (Hergabe des Eis) kein rechtlicher Grund vorlag. Dieser rechtliche Grund könnte zwar in einem Kaufvertrag zwischen dem Minderjährigen und dem Eisverkäufer liegen. Wg. der Nichtigkeit der Willenserklärung des Minderjährigen ist jedoch kein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen.
Der Umgang mit Geld verlangt Übung. Wer volljährig ist, also das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird für seine Willenserklärungen „mit Haut und Haaren“ in die Pflicht genommen. Die „Schonzeit“ ist zu Ende. Daher muss der Minderjährige während seiner Minderjährigkeit den Umgang mit rechtlich relevanten Willenserklärungen (vereinfacht könnte man auch sagen, den Umgang mit Geld) lernen. Die Regelungen über die beschränkte Geschäftsfähigkeit (§§ 107 – 113 BGB) sehen deshalb vor, dass ältere Minderjährige (> 7 Jahre) zwar durchaus wirksame Willenserklärungen abgeben können – dies allerdings nur unter Aufsicht und mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. In der Regel sind dies die Eltern.
Ein Minderjähriger der das 7. Lebensjahr vollendet hat, ist beschränkt geschäftsfähig.
Lies: § 106 BGB
Willenserklärungen eines Minderjährigen bedürfen grundsätzlich der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (in der Regel also der Eltern), § 107 BGB.
Lies: § 107 BGB
Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters kann im Vorhinein erfolgen. Sie kann aber auch nachträglich erteilt werden.
Lies: § 108 BGB
Eine Ausnahme vom Einwilligungsvorbehalt gilt für solche Willenserklärungen, durch die der Minderjährige lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, vgl. § 107 BGB. Hier kommt es darauf an, ob der Minderjährige in rechtlicher Hinsicht irgendeinen Nachteil erleidet. Dies ist immer dann der Fall, wenn er sich zu irgendetwas verpflichtet. Es kommt hierbei nicht auf eine ökonomische Betrachtungsweise an. Entscheidend ist allein, ob eine rechtliche Bindung entsteht.