Der Beratungsauftrag der Verfahrenslotsinnen und Verfahrenslotsen richtet sich an die Zielgruppe „junge Menschen mit Behinderungen“. Junger Mensch ist nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII eine Person, die noch nicht 27 Jahre alt ist. Das Beratungsgebot richtet sich daher nicht allein an Kinder und Jugendliche, also Minderjährige, sondern explizit auch an die Gruppe der „jungen Volljährigen“ (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII).
Das SGB IX enthält im Hinblick auf die Zielgruppe der Kinder- und Jugendliche eine Reihe von Sonderregelungen, die deren besonderen Bedürfnissen Rechnungen tragen sollen. Auch die Rechtsprechung hat im Hinblick auf diese Zielgruppe besondere Grundsätze herausgearbeitet. Die Zielgruppe der jungen Volljährigen ist von diesen Sonderregelungen nicht erfasst. Hervorzuheben ist jedoch, dass junge Volljährige Eingliederungshilfeleistungen nach § 35a SGB VIII erhalten können, wenn neben den Voraussetzungen nach § 35a SGB VIII auch die Voraussetzungen nach § 41 SGB VIII vorliegen.
Nach § 1 S. 2 SGB IX wird den besonderen Bedürfnissen von Kindern mit Behinderungen Rechnung getragen. Kind im Sinne dieser Vorschrift ist, wer noch nicht 18 Jahre alt ist. Auch für Jugendliche gilt diese Vorschrift deshalb. Die Regelung muss bei der Auslegung aller Vorschriften des Teilhaberechts von allen Rehabilitationsträgern während des gesamten Rehabilitationsprozesses beachtet werden.
Nach § 4 Abs. 3 SGB IX sind Leistungen für Kinder mit Behinderungen oder für von Behinderung bedrohte Kinder so zu planen und zu gestalten, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen betreut werden können. Die Rehabilitationsträger müssen im Rahmen der Infrastrukturplanung sicherstellen, dass eine hinreichendes Angebot an Angeboten für eine wohnortnahe und inklusive Betreuung verfügbar sind.
Von besonderer Bedeutung ist der Ausbau der notwendigen Infrastruktur und Angebote, um eine inklusive Beschulung sowie die Betreuung von Kindern im Vorschulter zu gewährleisten.
Die Rehabilitationsträger sind grundsätzlich an Entscheidungen des Schulrechtsträgers für eine Beschulung in einer Regelschule gebunden. Ein Kind mit Behinderungen kann nicht aus Kostengründen auf den Besuch einer Sonderschule verwiesen werden.
Lesen Sie: BSG, Urteil vom 23.08.2013 – B 8 SO 10/12 R, Rn. 22
Nach § 4 Abs. 3 S. 2 SGB IX sind Kinder alters- und entwicklungsentsprechend an der Planung und Ausgestaltung der einzelnen Hilfen zu beteiligen. Ihre Sorgeberechtigten sind intensiv in Planung und Gestaltung der Hilfen einzubeziehen.
§ 40 Abs. 3 S. 17 SGB V i.V.m. § 23 Abs. 7 SGB V: medizinisch notwendige stationäre Vorsorgemaßnahmen für versicherte Kinder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen in der Regel für vier bis sechs Wochen erbracht werden (statt 3 Wochen bei Erwachsenen).
§§ 42 Abs. 2 Nr. 2, 76 Abs. 2 Nr. 3, 79 SGB IX: Kinder, die noch nicht eingeschult sind, erhalten Leistungen der Frühförderung. Dabei handelt es sich um eine Komplexleistung aus Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Leistungen zur sozialen Teilhabe.
Heilmittel, die wegen fehlender Aufnahme in die Heilmittelrichtlinie nicht als Leistungen der medizinischen Rehabilitation gewährt werden können, können als Leistung zur sozialen Teilhabe gewährt werden.
vgl. hierzu folgende Grundsatzentscheidungen:
Bei den Leistungen zur Teilhabe an Bildung sind Unterstützungsleistung zur Teilnahme am Schulunterricht von besonderer praktischer Bedeutung. Grundlage ist § 112 SGB IX.
Vgl. hierzu folgende Grundsatzentscheidungen:
- BSG, Urteil vom 18.07.2019 – Schulbegleitung
- LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2018 – blindengerechtes Notebook
- LSG Sachsen, Beschluss vom 27.03.2018 – Gebärdendolmetscher
- LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.03.2017 – Fahrten zwischen Schule und Wohnstätte
- BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 – Integrationshelfer; kein Verweis auf Sonderschule
- BVerfG, Beschluss vom 14. September 2021 – Besuch einer Regelschule als Kindeswohlgefährdung
- BSG, Urteil vom 23.08.2013 – Bindung an die Entscheidung des Schulträgers
- LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.06.2007 – Pflegeleistungen zur Ermöglichung des Schulbesuchs