Besondere Aufgabe der medizinischen Rehabilitation im Rahmen der Eingliederungshilfe ist es, eine (drohende) wesentliche Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten oder die Leistungsberechtigten soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen.
Lesen Sie: § 90 Abs. 2 SGB IX
Als Leistung der Eingliederungshilfe soll sie dazu beitragen, dem Leistungsberechtigten eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. Die Leistung soll sie befähigen, ihre Lebensplanung und -führung möglichst selbstbestimmt und eigenverantwortlich wahrnehmen zu können.
Lesen Sie: § 90 Abs. 1 SGB IX
Alle Leistungen der medizinischen Rehabilitation sind an dieser Zielsetzung zu messen. Sie bildet den Maßstab dafür, auf welche Leistungen in welchem Umfang ein Anspruch besteht. Erst wenn der Zweck der medizinischen Rehabilitation erfüllt ist, ist der Bedarf gedeckt. Ein Anspruch auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation findet jedoch zugleich auch seine Grenze in diesem Zweck. Ist eine bestimmte Leistung entweder nicht geeignet oder nicht (mehr) erforderlich, so besteht auch kein Anspruch.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation spielen im Recht der Eingliederungshilfe nur eine untergeordnete Rolle. Medizinische Rehabilitationsleistungen werden nicht nur im Rahmen der Eingliederungshilfe erbracht, sie gehören insbesondere zum Leistungskatalog der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen. Die Eingliederungshilfeträger beziehungsweise Träger der Jugendhilfe sind lediglich subsidiär zuständig für diese Leistungen.
Die medizinische Rehabilitation ist abzugrenzen von anderen Rehabilitationsleistungen einerseits und der Krankenbehandlung andererseits.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind von anderen Rehabilitationsleistungen über ihren Zweck abzugrenzen. Die medizinische Rehabilitation dient dazu, den Gesundheitszustand eines Menschen zu erhalten oder zu verbessern.
Lesen Sie: BSG 6.4.2011 – B 4 AS 3/10 R
Dienen die Leistungen einem anderen Zweck, etwa der Wiedereingliederung in den Beruf oder der Teilhabe am Sozialleben, so handelt es sich in ersterem Fall um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, in letzterem Fall um Leistungen zur Sozialen Teilhabe.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind zudem abzugrenzen von Leistungen zur Krankenbehandlung. Leistungen zur Krankenbehandlung werden stets nur von den Krankenkassen erbracht.
Dabei gilt: „Rehabilitation hat die Aufgabe, den Folgen von Krankheiten in Form von Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen vorzubeugen, sie zu beseitigen oder zu bessern oder deren wesentliche Verschlechterung abzuwenden. Die Vermeidung der Verschlimmerung von Krankheiten ist dagegen Aufgabe der Behandlung einer Krankheit und Vorsorge.“
Lesen Sie: BT-Drs. 14/1245, 61
Bei der medizinischen Rehabilitation stehen daher die Folgen von Krankheiten und deren Abwendung im Mittelpunkt, während die Krankenbehandlung vornehmlich auf die Behandlung und Therapie der Krankheit selber abzielt.
Einige Leistungen aus dem Katalog der medizinischen Rehabilitationsleistungen können zugleich Leistungen zur Krankenbehandlung sein. Die Angrenzung erfolgt anhand des Zwecks der Leistung.
Die Leistungen zu medizinischen Rehabilitation in der Eingliederungshilfe decken sich überwiegend mit den allgemeinen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Es handelt sich um einen offenen Leistungskatalog („insbesondere“).
Beachte: Die Leistungen entsprechen den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Das bedeutet, dass nur solche Leistungen der medizinischen Rehabilitation im Rahmen der Eingliederungshilfe erbracht werden, die auch die gesetzliche Krankenversicherung übernehmen würde.
Lesen Sie: § 109 Abs. 2 SGB IX
Bei der Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind die Regelungen, die für die gesetzlichen Krankenkassen nach dem Vierten Kapitel des Fünften Buches gelten, mit Ausnahme des Dritten Titels des Zweiten Abschnitts anzuwenden.
Lesen Sie: § 110 Abs. 2 S. 1 SGB IX
Soweit es im Einzelfall geboten ist, prüft der zuständige Rehabilitationsträger gleichzeitig mit der Einleitung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation, während ihrer Ausführung und nach ihrem Abschluss, ob durch geeignete Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohten Menschen erhalten, gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Er beteiligt die Bundesagentur für Arbeit nach § 54.
Lesen Sie: § 10 Abs. 1 SGB IX
Zu den Leistungen gehören
Diese werden im Folgenden näher erläutert.
Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation umfassen insbesondere folgende Leistungen nach § 42 Abs. 2 SGB IX:
Darüber hinaus sind auch die Leistungen nach § 42 Abs. 3 SGB IX umfasst. Dies sind insbesondere:
Die psychosozialen Leistungen werden als Annexleistungen zu den medizinischen Leistungen erbracht. Sie werden also als Zusatz zu den Hauptleistungen nach Abs. 2 erbracht. Die Hauptleistung muss den Schwerpunkt der Hilfe bilden. Die psychosozialen Leistungen werden im Rahmen der medizinischen Rehabilitation nicht eigenständig ohne Hauptleistung erbracht. Sie können aber teilweise als Leistung der Sozialen Teilhabe eigenständig erbracht werden.
Zusätzlich zu den medizinischen Leistungen werden sogenannte ergänzende Leistungen erbracht. Zwar gehören ergänzende Leistungen nicht zum Katalog der Eingliederungshilfeleistungen nach § 102 Abs. 1 SGB IX, ausgewählte ergänzende Leistungen werden aber im Rahmen der medizinischen Rehabilitation erbracht. Dies bestimmt § 109 Abs. 1 SGB IX.
Als ergänzende Leistungen nach § 64 Abs. 1 Nr. 3 – 6 SGB IX werden erbracht:
Die ergänzenden Leistungen sind abhängig von einer Hauptleistung, können also nur erbracht werden, wenn andere Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gewährt werden.
Medizinische Rehabilitationsleistungen als Leistungen der Eingliederungshilfe werden Menschen mit einer wesentlichen (drohenden) körperlichen, geistigen oder Mehrfach-Behinderung und Menschen mit einer (drohenden) seelischen Behinderung gewährt.
Lesen Sie: § 99 Abs. 1 SGB IX sowie § 35 a Abs. 1 SGB VIII
Menschen mit einer nicht wesentlichen (drohenden) körperlichen oder geistigen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten. Die Entscheidung liegt im Ermessen der Behörde.
Lesen Sie: § 99 Abs. 3 SGB IX
Die Leistungen werden entsprechend des festgestellten Bedarfes gewährt.
Der Träger der Eingliederungshilfe und der Träger der Jugendhilfe sind nachrrangig für die Erbringung von Rehabilitationsleistungen zuständig.
Andere Leistungsträger können vorrangig für die Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zuständig sein.
Folgende Leistungsträger kommen in Betracht: