Die Aufgaben der Jugendhilfe bei Kindeswohlgefährdung oder bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung sind in § 8a SGB VIII und in § 42 SGB VIII geregelt.
Dem Jugendamt ist im SGB VIII eine Doppelrolle zugewiesen: Einerseits ist das Jugendamt Leistungsbehörde und nimmt so einen helfenden und unterstützenden Auftrag war. Andererseits ist das Jugendamt in den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung eingebunden.
Für die Wahrnehmung der helfenden und unterstützenden Funktion ist das Jugendamt auf das Vertrauen der Eltern angewiesen. Dieses Vertrauen kann durch die Wahrnehmung des Schutzauftrages beschädigt werden, weil der Schutzauftrag auch ein Handeln gegen die Interessen und den Willen der Eltern erfordern kann.
Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vor, muss das Jugendamt handeln.
Lies: § 8a Abs. 1 – 3 SGB VIII
Gewichtige Anwahltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung liegen vor, wenn entweder eine Kindeswohlgefährdung festgestellt werden kann oder ein fachlich begründeter Verdacht für eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Eine Kindeswohlgefährdung definiert der Bundesgerichtshof wie folgt: „Eine gegenwärtige, oder zumindest unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Kindesentwicklung muss abzusehen sein, die bei ihrer Fortdauer eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt“.
BGH, Beschluss vom 16.11.2016, Aktenzeichen XII ZB 149/16, Rn. 11
Beispiele aus der Rechtsprechung:
erhebliche Verletzungen (typischerweise durch Gewaltanwendung hervorgerufen); starke Unterernährung; desolate Körperhygiene (Schmutz- und Kotreste, Ungeziefer); witterungsunangemessene Kleidung; völlige Distanzlosigkeit/Aggressivität/Unangemessenheit, Selbst-/Fremdgefährdung; Äußerungen deuten auf Misshandlung, Missbrauch, Vernachlässigung hin; Eindruck von Drogen- /Alkoholmissbrauch; Gewalt; massive verbale Ausfälle u. Beschimpfungen des Kindes; Verweigerung von Krankenbehandlung; sexualle Übergriffe; Wohnungslosigkeit; Vermüllung; Gefahren durch Strom oder Gegenstände; zu kleiner Wohnraum; fehlende Heizung.
Im Gesetzestext ist von einer Verpflichtung des Jugendamtes die Rede (in § 8a Abs.1 SGB VIII steht: „Werden dem Jugend gewichtige Anhaltspunkte … bekannt .. hat es …“). Wichtig ist, das mit dieser Formulierung Handlungspflichten von Personen (und nicht nur der Institution), nämlich der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendämter festgeschrieben werden. „Jugendamt“ bedeutet nämlich in diesem Fall, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter handeln müssen, sobald ihnen in ihrem beruflichen Kontext entsprechende Anhaltspunkte bekannt werden. Handeln sie nicht, kann ihr Verhalten arbeitsrechtliche, strafrechtliche und haftungsrechtliche Konsequenzen haben.
Welche Handlungspflichten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einzelnen haben, ergibt sich aus § 8a Absatz 1 – 3 SGB VIII.
Bei Bekanntwerden von Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung ist eine Gefährdungseinschätzung „im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte“ vorzunehmen. Die fachliche Basis soll hierdurch verbreitert werden. Außerdem sind bei der Bewertung von Gefährdungslagen wertende und Prognoseentscheidungen zu treffen, die durch kollegiale Beratung besser abgesichert werden können.
Sowohl die Erziehungsberechtigten als auch das Kind oder der Jugendliche sind in die Gefährungseinschätzung mit einzubeziehen. Das Gesetz schränkt das Beteiligungsrecht der Eltern ein, wenn ansonsten der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen eingeschränkt wird.
Beispiel:
Das Jugendamt vermutet einen Missbrauch innerhalb der Familie. Es erwartet, dass der Täter für den Fall, dass eine Beteiligung erfolgt, Druck auf das Kind ausübt und dieses „zum Schweigen bringt“.
Das Jugendamt hat sich durch einen Hausbesuch einen Eindruck von der persönlichen Umgebung des Kindes zu verschaffen, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist. Der Hausbesuch ist also kein Automatismus.
Das Jugendamt ist gehalten, Personen, die dem Jugendamt Informationen im Zusammenhang mit Kindeswohlgefährdungen übermittelt haben, an der Gefährdungseinschätzung zu beteiligen. Insbesondere geht es um die Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Kontext der Gesundeitsberufe, der Schulen sowie von Beratungsstellen. Diese Personen werden auch „Geheimnisträger“ oder auch „Berufsgeheimnisträger“ genannt.
Lies: § 8a Abs. 1 S.2 Nr. 2 SGB VIII und § 4 KKG
Fehlen dem Jugendamt Informationen zur Abklärung des Gefährdungsrisikos, so hat es die Pflicht und das Recht, sich diese Informationen zu beschaffen.
Kommen die Fachkräfte des Jugendamtes zu dem Ergebnis, dass eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, haben sie unterschiedliche Möglichkeiten der Intervention. Nämlich entweder, durch helfende und unterstützende Maßnahmen die Kindeswohlgefährdung abzuwenden oder aber durch Mitteilung gegenüber dem Famliengericht eine Entscheidung des Famliengerichtes über Maßnahmen zum Schutz des Kindeswohles vorzubereiten. Zu diesen Maßnahmen kann auch ein vollständiger oder teilweiser Entzug der elterlichen Sorge gehören. Beide Möglichkeiten der Intervention stehen im Grundsatz „gleichwertig“ nebeneinander. Es ist diejenigge Maßnahme zu wählen, die die Kindeswohlgefährdung prognostisch am ehesten abzuwendet. Einen Vorrang von Hilfe und Unterstützung vor Intervention gibt es allein, wenn diese gleich geeigent und ausreichend sind, die Gefahr abzuwenden.
Sehr aufschlussreich ist hierzu die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts Beschluss vom 29.07.1968 – 1 BvL 20/63; 1 BvL 31/66; 1 BvL 5/67Rn. 62:
(Hervorhebungen nicht im Original)
„In diesem Sinne bildet das Wohl des Kindes den Richtpunkt für den Auftrag des Staates gemäß Art. 6 Absatz 2 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 10, 59 [84]). Dies bedeutet nicht, daß jedes Versagen oder jede Nachlässigkeit den Staat berechtigt, die Eltern von der Pflege und Erziehung auszuschalten oder gar selbst diese Aufgabe zu übernehmen; vielmehr muß er stets dem grundsätzlichen Vorrang der Eltern Rechnung tragen. Zudem gilt auch hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Art und Ausmaß des Eingriffs bestimmen sich nach dem Ausmaß des Versagens der Eltern und danach, was im Interesse des Kindes geboten ist. Der Staat muß daher nach Möglichkeit zunächst versuchen, durch helfende, unterstützende, auf Herstellung oder Wiederherstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens der natürlichen Eltern gerichtete Maßnahmen sein Ziel zu erreichen. Er ist aber nicht darauf beschränkt, sondern kann, wenn solche Maßnahmen nicht genügen, den Eltern die Erziehungs- und Pflegerechte vorübergehend und sogar dauernd entziehen; in diesen Fällen muß er zugleich positiv die Lebensbedingungen für ein gesundes Aufwachsen des Kindes schaffen.“
Wichtig: Bei dringender Gefahr hat das Jugendamt das Kind in Obhut zu nehmen.
Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung helfende und unterstützende Maßnahmen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsberechtigten anzubieten.
Lies: § 8a Abs.1 S.3 SGB VIII
Diese Variante kommt immer dann in Betracht, wenn die Eltern bereit und in der Lage sind, an der Abwendung der Gefährdung mitzuwirken. Zu beachten ist, dass die Mitwirkungsbereitschaft und Einsicht der Eltern allein nicht immer ausreicht, um der Gefährdung wirksam entgegenzuwirken. In der Praxis gibt es häufig Fallverläufe, in denen zwar eine hinreichende Mitwirkungsbereitschaft der Eltern gegeben ist, deren psychosoziale Lage aber gleichwohl nicht erwarten lässt, dass die Gefährdung wirksam abgewendet werden kann.
Geht das Jugendamt davon aus, dass helfende und unterstützende Maßnahmen nicht ausreichen, um eine Kindeswohlgefährdung abzuwenden, muss das Jugendamt das Famliengericht informieren. Dieses leitet sodann ein Verfahren nach § 1666 BGB ein und trifft die zur Gefahrenabwehr erforderlichen Maßnahmen. Zu diesen Maßnahmen gehört auch ein vollständiger oder teilweiser Sorgerechtsentzug.
Lies: § 8a Abs. 2 S.1 SGB VIII
Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen. Siehe dazu der nächste Abschnitt.
Lies: § 42 Absatz 1 SGB VIII
§ 42 Abs.1 S.1 Nr.2 SGB VIII regelt die Intervention durch das Jugendamt bei dringender Gefahr für das Wohl des Kindes. Der Unterschied zu § 8a Absatz 2 SGB VIII ist: § 8a Abs.2 SGB VIII, regelt die „Intervention“ durch Anrufung des Familiengerichts. Dem Jugendamt ist es grundsätzlich nicht erlaubt, eigenständig in das Elternrecht einzugreifen. § 42 SGB VIII regelt eine Ausnahme von diesem Prinzip. Das Jugendamt kann im Rahmen der Inobhutnahme selbst – also ohne „Umweg“ über das Familiengericht – auf Grundlage des § 42 SGB VIII in das Elternrecht eingreifen. Dieses ist aber nur dann rechtmäßig, wenn die Gefährdungslage von besonderer Qualität, eben „dringend“ ist. Außerdem bedarf diese Form des Eingriffes entweder einer (vorherigen oder nachträglichen) Zustimmung der Eltern oder aber einer nachträglichen Legitimation des Familiengerichtes.
Neben der Inobhutnahme auf eigene Veranlassung des Jugendamtes, gibt es Sonderformen der Inobhutnahme bei sogenannten „Selbstmeldern“ und bei unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen.
Liegen die Voraussetzungen für eine Inobhutnahme vor, ist das Jugendamt zur Inobhutnahme verpflichtet (Rechtsfolge). Unterlässt das Jugendamt trotz Vorliegens der Voraussetzungen die Inobhutnahme, kann dieses straf- und zivilrechtliche (Haftung) Konsequenzen haben.
Der Begriff der Kindeswohlgefährdung wird im Gesetz nicht weiter konkretisiert. Im Schrifttum und in der Rechtsprechung besteht jedoch Einigkeit darüber, dass der Gefährdungsbegriff des § 42 SGB VIII dem des § 1666 BGB entspricht (allerdings muss diese Gefahr dringend sein – dazu sogleich). Danach ist eine Kindeswohlgefährdung gem. § 1666 BGB dann gegeben, wenn eine gegenwärtige oder zumindest unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Kindesentwicklung abzusehen ist, die bei ihrer Fortdauer eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt.
Eine Gefahr ist dann eine „dringende Gefahr, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen gefährden wird. Nicht erforderlich ist, dass die Schädigung unmittelbar bevorsteht. An die Wahrscheinlichkeit sind jedoch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit umso größere Anforderungen zu stellen, je geringer der möglicherweise eintretende Schaden ist.
Umgekehrt gilt: je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Ein geringeres Schadensrisiko („Ob“) wird dabei durch eine höhere Schadensintensität („Wie“) kompensiert (vgl. dazu: BVerwGE 47, 31 ff.).
Das Attribut „dringend“ stellt mit der weiteren Voraussetzung, dass eine „familiengerichtliche Entscheidung nicht abgewartet werden kann“, den entscheidenden Unterschied zu § 8a Abs.2 SGB VIII dar. § 8a Abs.2 SGB VIII (Anrufung des Familiengerichtes) kann man daher als „Standardmaßnahme“, § 42 SGB VIII (Inobhutnahme) kann man als Eilmaßnahme bezeichnen.
Voraussetzung ist weiter, dass die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht widersprechen oder eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann“.
§ 42 Abs.1 S.1 Nr.2 SGB VIII verdeutlicht, dass eine Inobhutnahme gegen den Willen der Eltern nur im Eilfall zulässig ist. Ob ein „Eilfall“ vorliegt oder nicht, ist in Abhängigkeit vom Ausmaß der Gefährdung und von der Zeit, innerhalb derer eine Entscheidung des Familiengerichtes erwartet werden kann, zu entscheiden. Kann die Kindeswohlgefährdung durch die Standardmaßnahme nach § 8 a Absatz 2 SGB VIII abgewendet werden, ist nach dieser Vorschrift zu verfahren.
Einen Sonderfall einer „dringenden Gefahr“ stellt § 42 S.1 Nr.1 SGB VIII dar. Danach ist das Jugendamt berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in Obhut zu nehmen, wenn das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet. Die Bitte des Kindes oder Jugendlichen wird als Indiz für eine dringende Gefahr gewertet und als Gefahrenverdacht wie eine sicher festgestellte dringende Gefahr gewertet. Die Bitte des Kindes muss nicht ausdrücklich auf „Inobhutnahme“ gerichtet sein. Es reicht aus, wenn das Kind zum Ausdruck bringt, dass es Schutz und Obhut sucht.
Einen weiteren Sonderfall stellt § 42 Abs.1 S.1 Nr.3 SGB VIII dar, der das Jugendamt verpflichtet, unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche in Obhut zu nehmen, wenn sich deren Personensorge- oder Erziehungsberechtigte nicht im Inland aufhalten.
Einzelheiten sind in § 42a – 42f SGB VIII geregelt.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, das in Obhut genommene Kind oder den Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform unterzubringen.
Lies: § 42 Abs.1 S.2 SGB VIII
Nach erfolgter Inobhutnahme übt das Jugendamt Personensorge aus, ist vertretungsberechtigt und stellt den notwendigen Unterhalt sowie die Krankenhilfe sicher. Bei der Ausübung der Personensorge berücksichtigt das JA den mutmaßlichen Willen der Eltern.
Lies: § 42 Abs.2 SGB VIII
Während der Inobhutnahme hat das Jugendamt die Situation zusammen mit dem Kind oder Jugendlichen zu klären (§ 42 Abs.2 S.1 SGB VIII) und Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen aufzuzeigen. Dem Kind oder Jugendlichen ist Gelegenheit zu geben, eine Vertrauensperson zu benachrichtigen.
§ 42 Abs.1 SGB VIII erlaubt dem Jugendamt einen unmittelbaren Eingriff in das Elternrecht, ohne vorherige Entscheidung des Familiengerichtes. Wie dargelegt, stellt diese Reglung eine Ausnahme von dem allgemeinen Prinzip dar, wonach ein Eingriff in die elterliche Sorge grundsätzlich nur durch das Familiengericht (§ 1666 BGB) erfolgen darf. Diese Ausnahme wird durch die Dringlichkeit der Gefahr gerechtfertigt. Das Elternrecht findet in § 42 SGB Abs.3 VIII Berücksichtigung: Entweder durch nachträgliche Beteiligung und Genehmigung der Inobhutnahme durch die Eltern oder aber durch nachträgliche Entscheidung des Familiengerichtes. Im Einzelnen sind folgende Alternativen denkbar.
Lies: § 42 Abs. 3 SGB VIII
Sind die Eltern mit der Inobhutnahme einverstanden, wird diese durch deren Einverständnis legitimiert. Gemeinsam mit den Eltern sind dann langfristige Hilfsperspektiven zu entwickeln. Es ist ein Hilfeplanverfahren einzuleiten (§ 42 Abs.3 S.5 SGB VIII). In Der Praxis gelingt eine „Überzeugung“ der Eltern hin zu einem Einverständnis häufig durch das Aufzeigen der Alternative, der Unterrichtung des Familiengerichtes.
Widersprechen die Eltern der Inobhutnahme werden folgende Varianten unterschieden:
Hier ist ebenfalls eine Entscheidung des Familiengerichts erforderlich (§ 42 Abs.3 S.3 SGB VIII).
Minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen ist durch das Jugendamt die Bestellung eines Vormundes oder Pflegers zu veranlassen (§ 42 Abs.3 S.4 SGB VIII). Der „Antrag“ ist an das Familiengericht zu richten.
Die Inobhutnahme endet mit der Übergabe des Kindes an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten oder mit der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen.
§ 42 Abs.5 und Abs.6 SGB VIII regeln freiheitsentziehende Maßnahmen und die Anwendung unmittelbaren Zwanges. Sie sind nur bei Selbst- und Fremdgefährdung (Gefahr für Leib und Leben) zulässig.
Die Inobhutnahme ist ein Verwaltungsakt. Gegen diesen Verwaltungsakt können die Sorgeberechtigten Widerspruch einlegen. Dieser Widerspruch hat nach § 80 Abs.1 S.1 VwGO aufschiebende Wirkung. Das bedeuted, dass der Verwaltungsakt solange nicht „gilt“, bis das Gericht über den Widerspruch entschieden hat. Will das Jugendamt dies verhindern, kann es die sofortige Vollziehung der Inobhutnahme nach § 80 Abs.2 Nr.4 VwGO anordnen. Hiergegen können wiederum die Sorgeberechtigten einen Antrag auf Widerherstellung des aufschiebenden Wirkung beim Verwaltungsgericht nach § 80 Abs.5 S.1 VwGO stellen.
Im Kern geht es darum,
Entweder durch Hilfen oder durch Information des Jugendamtes.
Missachten Mitarbeitende diese Regeln, können sie persönlich verantwortlich gemacht werden. Ihnen drohen
Konsequenzen.
Im Folgenden werden die Handlungsaufträge im Einzelnen beschrieben.
Gesetzliche Grundlage für den Schutzauftrag der Einrichtungen und ihrer Mitarbeitenden bei Kindeswohlgefährdung ist:
Lies: § 8a Abs.4 SGB VIII
Dieser Paragraf verpflichtet die Träger der freien Jugendhilfe, mit „ihren“ Jugendämtern vor Ort Verträge abzuschließen. In diesen Verträgen sind Aufgaben des Trägers der freien Jugendhilfe bei der Wahrnehmung des Schutzauftrages im Einzelnen geregelt. In nahezu allen Kommunen und Landkreisen gibt es hierzu gleichartige
Die Schutzpflichten zugunsten der Kinder und Jugendlichen richten sich an:
Das Leitungspersonal in Einrichtungen ist verpflichtet, die organisatorischen Rahmenbedingungen für die Wahrnehmung des Schutzauftrages sicherzustellen.
Alle Mitarbeitenden in Jugendhilfeeinrichtungen sollten diese Verträge kennen und sich diese von den Leitungen zur Verfügung stellen lassen. Die jeweiligen Leitungen sind gehalten, die Mitarbeitenden mit dem Inhalt der Vereinbarungen zur Sicherstellung des Schutzauftrages bekannt zu machen.
Das Gesetz verlangt von den Mitarbeitenden konkrete Handlungsschritte, wenn
für eine
bekannt werden.
Eine Kindeswohlgefährdung wird von der Rechtsprechung wie folgt definiert:
„Eine gegenwärtige, oder zumindest unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Kindesentwicklung muss abzusehen sein, die bei ihrer Fortdauer eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt.“
Mit der Formulierung „gewichtige Anhaltspunkte“ will der Gesetzgeber ausdrücken, dass die Schutzpflichten bei Kindeswohlgefährdung nicht erst dann beginnen, wenn das Kindeswohl schon gefährdet ist, das Kind also schon „in den Brunnen gefallen ist“. Die Schutzpflichten beginnen vielmehr schon dann, wenn bloße Anhaltspunkte für eine Gefährdung vorliegen. Damit soll schon im Vorfeld von Kindeswohlgefährdungen gehandelt werden. Auch bei begründeten Verdachtsfällen muss gehandelt werden.
Beispiele:
Liegen solche gewichtigen Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vor, bestehen folgende Handlungspflichten: