Nach § 19 Abs.1 S.1 SGB VIII haben Mütter oder Väter, die allein für ein Kind zu sorgen haben oder sorgen, einen Anspruch („sollen“) auf Betreuung in einer geeigneten Wohnform gemeinsam mit ihrem Kind, wenn und solange sie aufgrund ihrer Persönlichkeitsentwicklung dieser Form der Unterstützung bei der Pflege und Erziehung ihres Kindes bedürfen. Das klassische, tradierte Hilfsangebot dieser Hilfeart ist die sog. Mutter-Kind-Einrichtung, bei der eine gemeinsame Betreuung von Mutter und Kind(-ern) in einer stationären Einrichtung erfolgt. In der Regel handelt es sich um jüngere Mütter, z.T. auch um behinderte oder suchtkranke Mütter, die neben der Unterstützung bei der Pflege und Erziehung ihres Kindes persönliche Hilfen und auch Hilfen zur schulischen und beruflichen Bildung benötigen. Insbesondere werden durch Sicherstellung der Kinderbetreuung entsprechende Freiräume für Schul- und Berufsausbildung geschaffen. Im Vordergrund der Hilfen steht bei § 19 SGB VIII die „Qualifizierung“ der Eltern, vor allem der Mutter für diese Rolle. Neben Fragen der eigenen Persönlichkeitsbildung, der Ausbildung eines entsprechenden Rollenverständnisse und Verantwortungsbewusstseins gehört dazu auch die Befähigung zu wirtschaftlicher Eigenverantwortung, also Schul- und Ausbildung.
Lies: § 19 SGB VIII
Die Hilfe richtet sich an Mütter und Väter. Faktisch sind es ganz überwiegend Mütter, die in entsprechenden Wohnformen betreut werden. Väter meint nur die Väter im Rechtssinne (§§ 1591 ff. BGB). § 19 SGB VIII enthält für die Mütter oder Väter keine Altersgrenze. Es können daher auch ältere, selbst über 27-jährige Eltern (vgl. § 7 Abs.1 Nr. 4 SGB VIII – <27 Jahre = junger Mensch) betreut werden.
Entscheidend ist, dass faktisch für ein Kind gesorgt wird. Auf die sorgerechtliche Situation im Sinne des BGB kommt es nicht an. Dies ist dann wichtig, wenn es z.B. zu Beschränkungen beim Sorgerecht gekommen ist oder wenn sich das Hilfsangebot an einen Vater richtet, der kein Sorgerecht hat.
Mindestens ein Kind muss unter sechs sein. Weitere, ältere Kinder sind „unschädlich“. Die Hilfe schließt auch deren Betreuung mit ein (§ 19 Abs.2 SGB VIII).
§ 19 SGB VIII bezieht sich auf die Lebenslage „alleinerziehend mit Kind“. Tritt zu dieser Lebenslage eine nicht abgeschlossene oder unzureichende Persönlichkeitsentwicklung hinzu, ergibt sich ein entsprechender Bedarf.
Der Anspruch besteht bereits vor Geburt des Kindes.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht ein Anspruch („soll“) auf Betreuung in einer „geeigneten Wohnform“. Typischerweise wird die Hilfe in stationärer Form erbracht.
Die Regelung ist aber offen für andere Hilfsangebote, wie etwa auch die Betreuung von Müttern oder/und Vätern in betreuten Wohngemeinschaften, o.ä. In den vergangenen Jahren haben sich neben der klassischen „Mutter-Kind-Einrichtung“ zahlreiche weitere Angebote entwickelt. Zu neueren Angeboten gehören z.B. sog. „Phasenmodelle“, bei denen eine schrittweise Verselbständigung erfolgt.
Es gilt der Bedarfsdeckungsgrundsatz. Fachliche Eignung der Hilfe vorausgesetzt, kann jede Hilfe in einer entsprechenden Wohnform gewährt werden. Die Vorschrift ist eine Soll-Regelung. Es besteht daher ein sog. Regelrechtsanspruch: Die Hilfe ist in der Regel zu gewähren. Sie kann daher nur bei Vorliegen besonderer Gründe im Einzelfall verweigert werden.
Die Vorschrift wirft Abgrenzungsprobleme zu anderen Hilfearten auf. Sie bestehen insbesondere im Verhältnis zu
Entsteht Streit über die richtige Hilfeart, liegt diesem Streit oft das Interesse an Übertragung der Finanzverantwortung an einen anderen Träger zugrunde. Dieses Interesse kommt dann in einem Zuständigkeitsstreit zum Ausdruck. Diese Zuständigkeitsstreits lassen sich über § 43 SGB I lösen, wonach der zuerst angegangene Leistungsträger die Leistung vorläufig erbringen muss. Wird ein Antrag auf vorläufige Leistungen gestellt, besteht ein Rechtsanspruch (ohne Antrag nur Ermessen) auf die vorläufige Leistung.