Florian Gerlach

Seminare zum „Recht der Sozialen Arbeit“

Evangelische Hochschule Bochum

Zuordnung zum Bürgergeld-System

Podcast: Grundsicherung – Abgrenzung SGB II vs. SGB XII

Das „alte“ Bundessozialhilfegesetz ist aufgegangen in SGB II und SGB XII. Hintergrund dieser Aufteilung ist, dass der Gesetzgeber mit der Hartz IV Reform eine Aufteilung der Hilfebedürftigen vornehmen wollte, in solche die erwerbsfähig sind und solche die nicht erwerbsfähig, vollständig erwerbsgemindert oder alt sind. Im Detail ist die Differenzierung etwas komplizierter. Im Grundsicherungsrecht geht es aber um die Differenzierung zwischen Erwerbsfähigen auf der einen und nicht Erwerbsfähigen sowie vollständig Erwerbsgeminderten auf der anderen Seite. Regelungen für die Erwerbsfähigen werden im SGB II getroffen. Sie werden dort als Arbeitslose bezeichnet und behandelt. Regelungen für die Nicht Erwerbsfähigen und Vollständig Erwerbsgeminderten trifft das SGB XII. Sie werden dort als Sozialfälle bezeichnet. Beide Leistungssysteme weisen hinsichtlich der Art der Berechnung der jeweiligen Sozialleistungen große Parallelen auf. Unterschiede in beiden Systemen bestehen im Bereich der sogenannten Anreize und Sanktionen und im Bereich der Anrechnung von Einkommen und Vermögen. Bei der Berechnung von Grundsicherungsleistungen spielt die Zuordnung zum jeweiligen System (SGB II oder SGB XII ?) praktisch insofern eine Rolle, als bei jeder Berechnung zunächst geprüft werden muss, welchen Systemen der jeweilige Hilfesuchende zugeordnet werden muss. Ohne diese vorherige Entscheidung über die Systemzuordnung können die Anspruchsgrundlagen nicht gefunden werden.

Leistungen für erwerbsfähige Hilfesuchende (SGB II)

Wer Leistungen nach dem SGB II beanspruchen kann, ist zunächst in § 7 SGB II geregelt. Danach haben Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II Personen, die

  • das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
  • erwerbsfähig sind,
  • hilfebedürftig sind und
  • ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Altersgrenzen

Im Fokus des SGB II stehen arbeitslose erwerbsfähige Erwachsene und Jugendliche. Nach unten hin gilt eine Altersgrenze von 15 Jahren. Wer das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, also noch keinen 15. Geburtstag hatte, ist nicht leistungsberechtigt. Nach oben hin gilt eine Altersgrenze von mindestens 65 höchstens 67 Jahren. Dies richtet sich im einzelnen nach § 7a SGB II.

Lies: § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II und § 7a SGB II

Ursprünglich galt derjenige, der das 65. Lebensjahr überschritten hatte, nicht als leistungsberechtigt im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II. Wegen der Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf das 67. Lebensjahr hat der Gesetzgeber § 7a SGB II geschaffen, sodass nunmehr die Altersgrenze auch im Bereich des SGB II sukzessive ansteigt. Welcher Altersgrenze die jeweilige Person unterliegt, hängt von ihrem Geburtsjahr ab (vgl. § 7 a SGB II). Für Personen, die ab 1964 geboren sind, beträgt die Altersgrenze 67 Jahre.

Erwerbsfähigkeit

Hilfebedürftige, die in der Lage sind, arbeiten zu gehen, also erwerbsfähig sind, werden dem SGB II zugeordnet. Dabei geht das SGB II grundsätzlich von der Erwerbsfähigkeit des Hilfebedürftigen aus. Diese entfällt nur dann, wenn die betreffende Person wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande ist, mindestens 3 Stunden am Tag erwerbstätig zu sein.

Lies: § 8 Abs. 1 SGB II

Wer also mehr als 3 Stunden täglich erwerbstätig sein kann oder wer zwar weniger als 3 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, bei dem der Grund der Verhinderung aber nicht in Krankheit oder Behinderung liegt, wird dem System des SGB II zugeordnet. Wenn zum Beispiel eine hilfebedürftige Person nur deshalb nicht zur Arbeit gehen kann, weil sievein Kleinkind betreuen muss (etwa weil keine adäquate Betreuungseinrichtung zur Verfügung steht), wird sie dem System des SGB II zugeordnet: Zwar kann sie nicht mindestens 3 Stunden am Tag erwerbstätig sein, der Grund dafür liegt aber nicht in Krankheit oder Behinderung. Sie gilt deshalb als erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II. Ob ihr eine Arbeit zugemutet werden kann, ist eine andere Frage (vgl. hierzu für die Kindererziehung § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II).

Hilfebedürftigkeit

Leistungen nach dem SGB II erhält nur, wer hilfebedürftig ist.

Lies: § 9 SGB II

Einzelheiten zur Feststellung der Bedürftigkeit werden später im Zusammenhang mit der Berechnung erläutert.

Gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland

Leistungen nach dem SGB II setzen den gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland voraus. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes (Gegenbegriff: tatsächlicher Aufenthalt) setzt voraus, dass die betreffende Person ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland hat.

Für Ausländer gelten Sonderregeln (§ 7 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB II).