Fallübungen
Fall 1: Kitaplatz
Die 27-jährige Frau Katharina L., wohnhaft in Osnabrück, lebt mit ihrer Tochter Emma (geb. 15.05.2022) allein. Am 01.03.2025 stellte sie beim Jugendamt der Stadt Osnabrück einen Antrag auf Zuweisung eines Platzes in einer Kindertageseinrichtung ab dem 01.11.2025. Frau L. möchte zu diesem Zeitpunkt ihre Teilzeitstelle im Einzelhandel wieder aufnehmen.
Mit Bescheid vom 15.09.2025 lehnte das Jugendamt den Antrag ab. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass alle Plätze in Bochumer Kitas bereits belegt seien und keine weiteren Kapazitäten zur Verfügung stünden. Frau L. wurde auf die Möglichkeit verwiesen, eine private Tagespflegeperson zu suchen.
Was tun?
Fall 2: Assistenz
Jonas M., geb. 12.02.2021, lebt mit seinen Eltern in Dortmund. Bei ihm wurde eine Autismus-Spektrum-Störung diagnostiziert. Am 15.03.2025 beantragten seine Eltern beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) eine individuelle Assistenzkraft für den Besuch des Kindergartens ab dem 01.08.2025.
Mit Bescheid vom 30.06.2025 lehnte der LWL den Antrag ab. Der Bescheid ging den Eltern drei Tage später zu. Zur Begründung hieß es, die Unterstützung sei Aufgabe des pädagogischen Personals der Kindertagesstätte und nicht der Eingliederungshilfe.
Der Bescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung: „Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden.“
Was tun?
Fall 3: Grad der Behinderung und Merkzeichen
Die 16-jährige Anna P., geb. 01.09.2009, lebt in Essen und leidet an einer fortschreitenden Muskelerkrankung. Am 10.02.2025 stellte sie beim Versorgungsamt Münster einen Antrag auf Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) und auf Zuerkennung des Merkzeichens „aG“. Sie ist der Ansicht, das mindestens ein GdB von 50 zuerkannt werden müsse.
Mit Bescheid vom 20.09.2025 stellte das Versorgungsamt einen GdB von 40 fest und lehnte das Merkzeichen „aG“ ab. Zur Begründung hieß es, Anna könne noch Wegstrecken von mehr als 100 Metern selbständig zurücklegen.
Was tun?
Fall 4: Bürgergeld/Grundsicherung
Die 29-jährige Frau Sabine R., geboren am 14.08.1996, lebt in Dortmund. Sie bezieht seit dem 01.01.2025 Bürgergeld nach dem SGB II. Im Antrag hatte sie angegeben, dass sie alleinstehend sei und keine weiteren Einkünfte habe.
Bei einer Überprüfung im Juni 2025 stellte das Jobcenter Dortmund fest, dass Frau R. seit März 2025 in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Partner lebt. Dieser erzielt aus seiner Vollzeitstelle ein monatliches Nettoeinkommen von 2.200 Euro. Frau R. hatte diese Veränderung nicht gemeldet, obwohl sie nach § 60 SGB I zur Mitteilung verpflichtet gewesen wäre.
Mit Bescheid vom 01.07.2025 hob das Jobcenter die Bewilligung für die Monate März bis Juni 2025 nach § 48 SGB X auf und forderte die in diesem Zeitraum gezahlten Leistungen in Höhe von 4.000 Euro zurück (§ 50 SGB X). Im Bescheid wird darauf hingewiesen, dass Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben (§ 39 Nr. 1 SGB II).
Der Bescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung: „Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden.“
Am 10.07.2025 legte Frau R. schriftlich Widerspruch gegen den Bescheid ein.
Tatsächlich lebt Frau R. nicht mit ihrem Partner zusammen. Jetzt geht ihr endgültig das Geld aus.
Was tun?